Schule

In Kanada haben Schüler:innen viele Freiheiten. Vielfältige Wahlfächer und außerschulische Aktivitäten prägen das Schulleben und begünstigen individuelle Fördermöglichkeiten sowie die Fokussierung auf persönliche Interessen. 

Die Nelson Mandela High School in Calgary

Die Nelson Mandela High School in Calgary, Kanada ©Nelson Mandela High School

Über die Schule

Vor sechs Jahren wurde die Nelson Mandela High School in Calgary eröffnet, in der aktuell knapp 2.000 Schüler:innen lernen. Die Schule befindet sich in der westkanadischen Provinz Alberta, ist Teil des Schulbezirks Calgary Board of Education (CBE) und unterliegt dem Ministerium für Bildung Alberta – kurz: Alberta Education. Das Ministerium gibt den Lehrplan vor, an dem sich alle Schulen der Provinz orientieren. So auch die Nelson Mandela High School, die darüber hinaus auch eigene Schwerpunkte, Kurse und Schulaktivitäten festlegt.

Außerschulische Angebote spielen eine große Rolle an der kanadischen High School. Ob Leichtathletik, Kunst, Musik oder Vereinsaktivitäten wie Schach, Debattieren, Medien oder Tech: Das breite Angebot soll es der diversen Schüler:innenschaft ermöglichen, ihren Leidenschaften und Interessen nachzugehen und vielfältige Lernerfahrungen zu machen. 

Die Rolle von Daten

Auch die Datenerfassung und Auswertung hat einen hohen Stellenwert an der Nelson Mandela High School. Nicht nur Zeugnisse und Ergebnisse von Leistungstests auf Provinzebene sind Teil der Datenerfassung. Darüber hinaus werden auch regelmäßige Schulbefragungen durchgeführt. All diese Daten fließen in den jährlichen Schulentwicklungsplan ein. Dieser soll gezielte Wachstumsbereiche identifizieren, auf die sich die Schule konzentriert. Ebenfalls erstellt die High School alljährlich einen Ergebnisplan, der sich auf das vergangene Schuljahr bezieht. Dieser zeigt die Leistungen und Fortschritte aller Schüler:innen hinsichtlich der Ziele, die von der CBE und Alberta Education festgelegt wurden. Im Ergebnisplan werden außerdem die Höhepunkte des Schulentwicklungsplans skizziert.

Datengestützte Schulentwicklung an der Nelson Mandela High School in Kanada und dem Tabasalu Gymnasium in Estland

Christos Sagriotis, Schulleiter an der Nelson Mandela High School, und Jüri Käosaar, Head of Studies am Tabasalu Gymnasium, geben im Rahmen des folgenden Gesprächs virtuelle Einblicke in ihren Schulalltag und schildern, wie Daten an ihren Schulen erhoben werden und welche Ziele sie damit verfolgen. 

Schüler:innen zeigen die Nelson Mandela High School

Quelle: YouTube "United TV"

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Das kanadische Schulsystem

Das kanadische Schulsystem ist dreistufig gegliedert. Dieses beinhaltet die Primary (oder auch Elementary) School, die Junior High School sowie die Senior High School. Insgesamt gilt in Kanada eine 12-jährige Schulpflicht, beginnend ab dem 6. bzw. 7. Lebensjahr. Eine Ausnahme stellt die Provinz Quebec dar – dort sind es nur 11 Jahre. Die Senior High School beenden die Schüler:innen mit der Graduation. Abhängig von der individuellen Leistung entspricht dieser Abschluss der deutschen Mittleren Reife oder dem Abitur.  

Die Schullandschaft ist geprägt von drei Schultypen: die staatlichen Public Schools (oder: State Schools), die Private Schools und die Independent Schools. Knapp 95 Prozent aller Schüler:innen besuchen jedoch eine Public School. Diese werden von den jeweiligen Provinzregionen finanziert und unterliegen einem provinziellen Lehrplan. Dieser wird von einem gewählten Kuratorium der Gemeinde beaufsichtigt. Organisiert sind die öffentlichen Schulen in sogenannten “School Districts”. Im Gegensatz dazu arbeiten die Private Schools nach den regulatorischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Provinz und finanzieren sich selbst, während die Independent Schools gemeinnützige Organisationen mit eigenem Vorstand darstellen.

Das kanadische Schulleben

Das Schuljahr beginnt für alle Schüler:innen im September und endet im Juni. Es gelten dabei zwei Systeme: Während an den meisten High Schools das Semestersystem gilt, bei dem Schüler:innen zwei fünfmonatige Semester absolvieren, teilen einige wenige Primary und Junior High Schools das Schuljahr in drei “Terms” ein – das Herbst-, Winter- und Frühjahrstrimester.

Anders als in Deutschland dürfen sich die Schüler:innen in Kanada ihren Stundenplan selbst zusammenstellen. Während im Semestersystem zwischen drei und fünf Kurse pro Halbjahr belegt werden dürfen, wählen Schüler:innen beim linearen System mindestens sechs bis maximal neun Kurse, die sich jedoch auf das gesamte Schuljahr erstrecken. Neben verpflichtenden Fächern wie Mathematik, Englisch bzw. Französisch, Naturwissenschaften und Geschichte, stehen den Schüler:innen viele verschiedene Wahlfächer zur Auswahl. Diese werden “Electives” genannt. Dazu zählen Fächer wie Journalismus, Medienstudien, Fotografie, Handwerken, Tourismus, Wirtschaft, Management, Buchhaltung, Metall- und Textilarbeiten oder auch Psychologie. Bei der Wahl und Kombination von Fächern werden die Schüler:innen durch sogenannte “Guidance Councellor” unterstützt, die es an allen kanadischen Schulen gibt. Eine Besonderheit stellt auch der Fremdsprachenunterricht dar. Da Kanada mit Englisch und Französisch offiziell zwei Amtssprachen besitzt, bietet jede Schule immer die Sprache als Wahlfach an, die in der jeweiligen Provinz nicht gesprochen wird.

Ebenfalls angeboten werden Advanced Placement Kurse (AP). Eine Teilnahme an diesen Kursen erhöht für Schüler:innen die Chance, nach dem High School Abschluss an einem College angenommen zu werden. Sie sind ähnlich zu den deutschen Leistungskursen in Stufe 11 und 12 und unterliegen in Kanada nationalen Standards.

Außerschulische Angebote

Nahezu alle kanadischen High Schools sind auch gleichzeitig Ganztagsschulen. In der Regel beginnt der Unterricht dort zwischen 08:00 und 09:00 Uhr und endet zwischen 14:00 und 15:30 Uhr. Während einer langen Mittagspause haben die Schüler:innen die Möglichkeit, sich zu erholen oder an den vielfältigen extracurricularen Aktivitäten teilzunehmen. Diese haben das Ziel, Schüler:innen individuell in ihrer Entwicklung zu fördern und ihnen zu ermöglichen, persönliche Interessen zu verfolgen. Ob Mannschaftssport, Drama-Club, Yoga, Schach-AG, Surfen oder Bands: Die Auswahl an außerschulischen Angeboten ist vielfältig – mit großer Beteiligung seitens der Schüler:innenschaft. Denn viele Schüler:innen sind stolz darauf, Teil der schulischen Gemeinschaft zu sein und identifizieren sich gern mit ihrer High School. 

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Praxiseinblick: Das Projekt „Datateams"

Das Projekt „Datateams“ der Universität Twente (Niederlande) zielt darauf ab, Schulen dabei zu unterstützen, datenbasierte Entscheidungsfindung in ihre tägliche Schulpraxis zu implementieren. Was genau das bedeutet, wie das Projekt entstanden ist, welche Daten von den Schulen erhoben werden und wie diese damit konkret arbeiten, erzählte Dr. Kim Schildkamp im Rahmen der Lernreise. Sie ist Professorin an der Fakultät für Verhaltenswissenschaften der Universität Twente für den Lehrstuhl Datengestützte Entscheidungsfindung für Lernen und Entwicklung. Außerdem verantwortet sie die Leitung des Datateams-Projekts. 

Der Impuls von Dr. Schildkamp wurde aufgezeichnet und steht Ihnen nachfolgend zur Verfügung. 

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